Beschäftigungsanspruch (Beschäftigungspflicht) ist ein privat-rechtlicher auf dem Arbeitsvertrag beruhender Anspruch des Arbeitsnehmers, die im Arbeitsvertrag vereinbarte Tätigkeit verrichten zu wollen. Der Beschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers hat verschiedene gesetzliche und richterrechtliche Ausprägungen erfahren:
► der allgemeine Weiterbeschäftigungsanspruch (§§ 611, 613, 242 BGB Artikel 2 Abs. 1 und 1 Abs. GG)
► der betriebsverfassungsrechtliche Weiterbeschäftigungsanspruch nach § 102 Abs. 5 BetrVG und
Für Beschäftigungspflichten in besonderen Arbeitsverhältnissen:
► Auszubildenden § 18 i.V.m. § 6 Abs. 2 BBiG und
► Schwerbehinderten, § 81 Abs. 4 SGB IX.
► allgemeine Weiterbeschäftigungsanspruch gemäß §§ 611, 613, 242 BGB Art. 2 und 1 GG dient zum einen
bei gekündigten Arbeitsverhältnissen:
der Weiterbeschäftigung während des Kündigungsschutzprozesses und zum anderen
bei ungekündigten Arbeitsverhältnissen
zur Rückgängigmachung der Suspendierung, d. h. Freistellung von der Arbeit der Beschäftigung zu vertragsgemäßen Arbeitsbedingungen.
► der betriebsverfassungsrechtliche Weiterbeschäftigungsanspruch nach § 102 Abs. 5 BetrVG und
► Beschäftigungspflichten in besonderen Arbeitsverhältnissen:
► Auszubildenden § 18 i.V.m. § 6 Abs. 2 BBiG und
► Schwerbehinderten, § 81 Abs. 4 SGB IX.
Der Beschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers wird aus §§ 611, 613, 242 BGB sowie aus Art. 1 und 2 GG abgeleitet
(BAG, Beschluss vom 27. 02. 1985 - GS 1
/84).
Für einen solchen allgemeinen arbeitsvertraglichen Beschäftigungsanspruchs spricht nicht zuletzt auch der in den §§ 102 Abs. 5 BetrVG, 79 Abs. 2 BPersVG geregelte Weiterbeschäftigungsanspruch des gekündigten Arbeitnehmers für die Zeit nach dem Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss eines anhängigen Kündigungsschutzprozesses. Es entspricht herrschender Meinung, dass dieser Weiterbeschäftigungsanspruch auf tatsächliche Beschäftigung zu den bisherigen Arbeitsbedingungen und nicht nur auf Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses unter Fortzahlung der Arbeitsvergütung gerichtet ist
(BAG,
Beschluss vom 27. Februar 1985 - GS 1 /84: BAG 29, 195, 208 = AP
Nr. 5 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht, zu III 6 der Gründe; LAG
Düsseldorf, DB 1974, 2112; LAG Berlin, BB 1976, 1273; LAG Hamburg, DB 1977,
500; Dietz/Richardi, BetrVG, 6. Aufl., § 102 Rz 209; Galperin/Löwisch,
BetrVG, 6. Aufl., § 102 Rz 110; Gnade/Kehrmann/Schneider/Blanke,
BetrVG, 2. Aufl., § 102 Rz 100; GK-Kraft, BetrVG, § 102 Rz 99;
Heinze, Personalplanung, Einstellung und Kündigung, S. 237, Rz 600;
Kammann/Hess/Schlochauer, BetrVG, § 102 Rz 153; KR-Etzel, 2. Aufl.,
§ 102 BetrVG Rz 214; Fitting/Auffarth/Kaiser, BetrVG, 14. Aufl.,
§ 102 Rz 65; Griesam, Der Beschäftigungsanspruch im Arbeitsverhältnis, S.
111 ff., 119; Klebe/Schumann, Das Recht auf Beschäftigung im
Kündigungsschutzprozeß, S. 190; Gumpert, BB 1972, 47, 50 Fn 8; Hanau, BB 1972,
451, 455; G. Hueck, in 25 Jahre Bundesarbeitsgericht, S. 243, 266; Mayer-Maly,
DB 1979, 1601, 1603; Otto, RdA 1975, 68, 69; Schaub, NJW 1981, 1807, 1811;
Stege/Weinspach, BetrVG, 5. Aufl., § 102 Rz 175; a. A.: Adomeit, DB
1971, 2360, 2363; Weber, BB 1974, 698, 702; Meisel, DB 1972, 1675, 1677).
Der Arbeitgeber kann ausnahmsweise die Beschäftigung des Arbeitnehmers verweigern. Voraussetzung dafür ist, dass er zum einen sich bereit erklärt das Entgelt nach § 615 BGB fortzuzahlen und er ein bestimmtes schutzwürdiges Interesse hat, den Arbeitnehmer nicht bzw. vorübergehend nicht zu beschäftigen.
Ein schutzwürdiges Interesse hat der Arbeitgeber, z.B. dann, wenn
-
ein nicht nur vorübergehender Auftragsmangel zu
verzeichnen ist,
-
schädliche Einflüsse des betroffenen Arbeitnehmers
o
auf andere Arbeitnehmer oder
o auf die Arbeitsergebnisse
zu befürchten sind.
Solange die Kündigungsfrist läuft, besteht das Arbeitsverhältnis unter unveränderten Arbeitsbedingungen fort, da der Arbeitnehmer auch während dieser Zeit einen Beschäftigungsanspruch hat
(BAG AP Nr. 4 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht; BAG GS ZIP
1985, 1221 ff.).
Dies ergibt sich, für den Fall eines ordnungsgemäßen Widerspruchs des Betriebsrats gegen die Kündigung, bereits aus dem wortlaut des § 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG. Ist dem Arbeitgeber jedoch dies nicht möglich, etwa weil der konkrete Arbeitsplatz des gekündigten Arbeitnehmers entfallen ist, so ist dem Arbeitnehmer eine angemessene Beschäftigung anzubieten.
Als angemessen ist die Beschäftigung anzusehen, die sich im Rahmen der
Arbeitsvertraglichen Pflichten hält und die sowohl den Interessen des Arbeitnehmers als auch den
Interessen des Arbeitgebers gleichermaßen gerecht wird. Besondere Vereinbarungen darüber, was die Vertragsparteien als angemessene Beschäftigung
ansehen, bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Aufnahme in den Arbeitsvertrag
(vgl. BAG, Urteil vom 12. November 1985 - 3 AZR 576/83),
in den Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung.
Der Beschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers besteht grundsätzlich bis zur rechtskräftiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses (h. M.). Das Arbeitsverhältnis endet rechtswirksam, wenn es im Kündigungsschutzprozess oder im Verfahren der allgemeinen Feststellungsklage gerichtlich rechtskräftig bestätigt wird.
Das Gilt im übrigen auch für den Fall des gerichtlichen Streits darüber, ob ein unterzeichneter Aufhebungsvertrag wirksam war oder nicht
(BAG NZA 96, 1030).
Der Arbeitgeber ist allerdings zur tatsächlichen Weiterbeschäftigung über den Zeitraum hinaus, zu dem die Kündigung, um deren Wirksamkeit gerichtlich gestritten wird, wirken würde, nicht verpflichtet.
Von diesem Grundsatz mach das BAG aber drei Ausnahmen.
Danach ist eine Weiterbeschäftigung
1.
Zur historischen Hintergründen sehr lesenswert:
BAG, Beschluss vom 27. Februar 1985 - GS 1 /84
Rechtsprechung:
BAG
Urteil vom 17.6.1999 - 2 AZR 608/98
Weiterbeschäftigungsanspruch
- Annahmeverzug
BAG, Beschluss vom 27. Februar 1985 -
GS 1 /84
Beschäftigungspflicht
BAG, Urteil vom 12. November 1985 - 3
AZR 576/83
Bühnenengagementsvertrag – angemessene Weiterbeschäftigung
eines Künstlers
BAG, Urteil vom 14. November 1985 - 2
AZR 98/84
BAG, Urteil vom 27. November 1985 - 5
AZR 101/84
BAG, Urteil vom 26. Januar 1988 - 1 AZR
531/86
BAG, Urteil vom 18. Januar 1990 - 2 AZR
183/89
BAG, Urteil vom 23. Juni 1994 - 8 AZR
537/92
BAG, Urteil vom 13. Juni 1985 - 2 AZR
410/84
BAG, Urteil vom 16. Februar 1989 - 2
AZR 299/883
BAG, Urteil vom 15. Juni 1989 - 2 AZR
600/88
BAG, Urteil vom 15. Dezember 1994 - 2
AZR 327/94
BAG, Urteil vom 27. Februar 1997 - 2
AZR 160/96